Der Mond war schon sehr lange ein Ziel des Menschen. Man hat bereits früh angefangen Fiktionen über Reisen zum Mond zu verfassen, zu den ersten nennenswerten Geschichten dürften wohl „From the Earth to the Moon“ (Jules Verne 1865) und „The First Men on the Moon“ (H. G. Wells 1901) zählen. Diese Geschichten wurden bislang mehrfach verfilmt, dabei auch zusammen gemischt und in einen Film verpackt.
Die erste, von dieser Materie inspiriert Verfilmung, war der französische Kurzfilm „Le voyage dans la lune“ (1902). Die Geschichte des Stummfilms handelt davon, dass ein paar Forscher sich in einem gigantischen Geschoss zum Mond schiessen lassen. Um zur Erde zurückzukehren wird das Geschoss einfach wieder in den Raum geschoben, so dass sie dann zurückfallen. Klingt skurril, ist es auch. Das Witzigste ist jedoch, dass dieses Geschoss sich das Auge des Mondgesichts als Landebahn aussucht. 1919 gab es noch einen relativ unbekannten Versuch sich der Materie zu nähern.
In einer späteren und deutlich bekannteren Verfilmung von 1964, die sich auf Wells’ Werk bezieht mit dem Titel „First Men on the Moon“, hat man sich schon deutlich mehr Gedanken über die Raumfahrt machen können und konnte auch besser auf die Buchvorlagen eingehen, wenngleich man sich einige Freiheiten bei der Umsetzung genommen hat, aber dazu folgt noch mehr.
Diesmal wird eine Kugel verwendet an deren Fensterläden eine Substanz aufgetragen ist, die der Erdanziehungskraft widerstehen kann. Durch Herablassen oder Hinaufziehen der Fensterläden wird gelenkt und beschleunigt. Der Mond selber wird in Tiefseetaucheranzügen bewandert. Die Geschichte des Films beginnt mit der Landung einer UN Raumfähre auf dem Mond, wo die Astronauten zu ihrer Überraschung aufgrund einer schriftlichen Stellungnahme und einer britischen Fahne feststellen müssen, dass sie entgegen ihrer Annahmen nun wohl doch nicht die ersten Menschen auf dem Mond sind. Nach ein paar Recherchen finden die zuständigen Stellen einen alten Mann, der ihnen eine fantastische Geschichte über seine Reise zum Mond erzählt. Auf dieser Reise ist er auf seltsame Lebensformen auf dem Mond gestoßen…
Um nichts vorweg zu nehmen werde ich nicht mehr von der Geschichte verraten und mehr
auf die anderen Aspekte dieses Films eingehen; denn viel interessanter als die Reise zum Mond sind die Mondbewohner. Anders als in Wells Roman befindet sich diese Welt voller Leben unter der Mondoberfläche. Dort wuchern gigantische Kristalle und riesige Würmer, aber die Herrscher dieser fremdartigen Welt sind eine Art Insektenvolk, welches eine eher
feindliche und neiderfüllte Beziehung zur Erde hegt und schon seit längerem plant dort hin
überzusiedeln.
H. G. Wells hatte diese Idee von einem ausserirdischen Volk, das voller Neid auf unsere schöne Erde blickt und eine Invasion plant, schon an anderer Stelle verwendet, und zwar in dem berühmten Klassiker „War of the Worlds“ (1898). Die Mondbewohner sind allerdings noch etwas weit von einer tatsächlichen Invasion entfernt, und sammeln erst noch Informationen über die Erde und ihre Bewohner. In Wells Roman werden sie durch die Beschreibung der Menschen als grausames und brutales Volk davon abgeschreckt, die Erde weiter zu behelligen.
Der Regisseur von der 1964er Verfilmung, Nathan Jurans, verpflichtete die Effektlegende, Ray Harryhausen für die Darstellung der Mondbewohner, auch Seleniten genannt.
Leider wurde nicht alle Seleniten von Harryhausen mit Stop Motion animiert und so hat man
stellenweise Gummimonster und stellenweise Harryhausens Zauber vor Augen, was etwas
verwirrend wirken mag. Auch sonst sind die Effekte nicht wirklich zeitgemäß und abgesehen von Harryhausens Einwirkungen oft auch etwas zu einfach umgesetzt. Das hatte man auch damals alles schon besser gesehen. Inhaltlich sieht es da schon etwas anders aus.
Um noch ein wenig mehr in der reichhaltigen Masse von „First Men on the Moon“
herumzustochern, möchte ich nun genauer auf eines der zentralen Themen in dem Film eingehen. Denn obwohl man sich gegen das Ende von Wells’ Geschichte entschieden hat, ist das Thema Gewalt auch in diesem Film sehr relevant. So verkörpern die beiden Hauptpersonen, Arnold Bedford und Joseph Cavor, unterschiedliche Ansichten über den ersten Kontakt mit den fremdartigen Wesen. Bedford fühlt sich bedroht und bläst folgerichtig zum Gegenangriff. Cavor hingegen will lieber kommunizieren, selbst dann, wenn er beinahe schon die Speerspitze der Ausserirdischen im Hintern stecken hat. Er ist ein
Forscher mit Leib und Seele und sieht in den Seleniten eine Möglichkeit, sein Wissen zu erweitern und anderen sein Wissen mitzuteilen. Für Bedford sind die Welt und Ihre Bewohner sehr befremdlich und er kann sich mit den Gegebenheiten nicht abfinden. Interessant ist an dieser Stelle, dass gerade die Mischung aus Bedfords Gewaltakten und Cavors Offenherzigkeit das Problem heraufbeschwört. Die Aliens wissen um die Brutalität der Menschen und wollen sie nicht auf ihrem Planeten haben, bzw. überlegen die Bedrohung namens „Erde“ selbst zu vernichten. Da diese Barriere zwischen Mensch und Selenit nun einmal geschaffen wurde gibt es nur noch eine mögliche Lösung und die heisst Gewalt. Am Ende ist es dann sogar Cavor, der die finale „Lösung“ hat.
Eine Moral will ich daraus allgemein eher nicht ziehen, das sollte jeder für sich selbst entscheiden. Wohl aber bekommt man eine gute Idee wie Wells hier mit dem Thema Gewalt umgehen wollte und wie Drehbuchauthor Nigel Kneale es verstand.
Ein weiterer Aspekt auf den man eingehen könnte ist das hoch interessante und irgendwie auch bezeichnende Ende, da sich jedoch jeder selbst ein Bild machen sollte werde ich an dieser Stelle nicht mehr von dem Film verraten.
Ansonsten haben wir dank der Buchvorlage von H. G. Wells einen guten und durchdachten Film. Wobei es sicherlich nicht die beste Wells-Verfilmung ist, das dürfte wohl ganz ohne Frage der bahnbrechende Klassiker „War of the Worlds“ (1953) sein.
Die Schauspieler machen ihre Sache gut, besonders Edward Judd glänzt in seiner Rolle als Bedford, aber auch Lionel Jeffries macht als verwirrter und leicht „abgehobener“ Cavor eine gute Figur. Beide Rollen sind besonders dann am stärksten, wenn der grundlegende Disput über den Umgang mit der Situation im Vordergrund steht. Da dies ein zentrales Thema ist, gibt es zahlreiche Szenen, in denen dies zumindest ein Teilaspekt ist. Besonders gut ist hier dann das Ende gelungen, wo alles eskaliert und man deutlich Zeuge von Cavors Verzweiflung und Bedfords vernichtender Gewalt wird.
Martha Hyer als die „Lady in Distress“ namens Kate ist eher eine Randfigur. Sie bildet einen guten Ruhepol zwischen den beiden Fronten von Cavor und Bedford. Anfangs hat sie zudem noch die Aufgabe, das Unterfangen in seiner Gänze anzuzweifeln und durch ihren klischeehafte, überweiblichen, fast schon bemutternden Einfluss, beinahe zu torpedieren. Hyer spielt diese in den 50er/ 60er Jahren nahezu unverzichtbare Rolle der etwas unbeholfenen Schönheit, den Erwartungen entsprechend gut, auch wenn ihre Rolle aus heutiger Sicht eher unverständlich wirken mag. Am Ende ist sie sogar durch ihr Einwirken sowohl an der Eskalation als auch an der Rettung passiv beteiligt. Hierzu kann ich jedoch wenig sagen, ohne zu viel vom Film zu verraten.
Gut gelungen ist auch die Kulisse. Riesige Kristallgebilde, seltsame Flüssigkeiten, unheimliche
gezackte Tore, die sich wie Mäuler öffnen und schließen, verworrene grauen Gänge, an jeder Ecke ein neues unheimliches Leuchten in einer anderen Farbe. Die Welt der Seleniten ist fremd und unwirtlich – genau genommen wirkt der Mensch dort wie ein Fremdkörper, denn die Welt an sich ist stimmig. Die Farben harmonieren auf eine befremdliche Art und
Weise und das sollte wohl auch verdeutlicht werden. Nicht die Seleniten sind die
Invasoren, es ist der Mensch, der in ihren Lebensraum eindringt. Dies lässt den
Zuschauer Cavors Ansicht teilen. Die rauhe und stark eingeschränkte Gesellschaft der
Seleniten, die eben einem Insektenstaat gleicht, der nach logischen Prinzipien das Wohl des
einzelnen dem Wohl der Masse im Extremen unterstellt, lässt den Zuschauer eher Bedford
zustimmen.
Allgemein hat der Film sehr entgegen meinen Ansichten bei Kritikern eher schlecht abgeschnitten. Das mag daran liegen, dass das Drehbuch an den Stellen, die nicht von Wells übernommen wurden, vergleichsweise schwach ausfällt, was zu einer zeitweiligen Schwankung in der gebotenen Qualität führt, die zwar gering ist, aber doch zu Verwirrungen führen kann.
Fazit:
Der Film an sich ist recht gut gelungen, obwohl er technisch hinter den Möglichkeiten seiner Zeit zurückbleibt, die wohl eher dem Highbudget Kino vorbehalten waren. Man bekommt gute klassische Sci-Fi Kost mit Tiefe aus der abgewandelten Feder von H. G. Wells.
Es ist nicht notwendig das Buch zu kennen, um den Film in seiner Gänze zu begreifen, aber man sollte offen sein und vor allem auf Gummimonster und Stop Motion Effekte abfahren, sonst könnte der Film eventuell etwas zäh werden. Zum Glück fahre ich auf Gummimonster und Stop Motion Effekte ab, also kam ich nicht umhin diesen Film zu meiner Sammlung hinzuzufügen.
- Holger Sontag, besucht www.mercuryproductions.de